Samstag, 29. März 2008

Chaos - aber irgendwie funktioniert es doch




Nachdem ich sehr spät in Bett bin, schlafe ich sehr lang. Die Luft ist stickig und es ist auch nachts brütend heiß. Gegen Mittag wache ich auf. Bisherige Weckrufe meines Handys muss ich wohl überhört oder weggedrückt haben.
Danach wird mir beschrieben, wie wo ich ein paar Sachen einkaufen kann und wo ich eine indische Simkarte für das Handy kaufen kann. Dies sei nützlich, da man hier ein Handy bräuchte und eine indische Pre-Paid-Karte nicht teuer ist. Ich machte mich also auf den Weg.
In der Tat kam ich irgenwann an eine sehr belebte (noch belebter als all die anderen) Straße mit winzigen Geschäften rechts und links. Zwischen Rickshaws, Kühen und Autos tummelten sich Unmengen von Menschen. Ich laufe und laufe kann aber weder die Bank noch den AirTel-Laden finden. Dabei ist es aber auch schwierig alles auf einmal zu verarbeiten: Da es keine Fußwege gibt, läuft man quasi zwischen den Autos auf der Straße. Diese fahren chaotisch. Von Fahrrädern, die eine kleine Ladefläche haben, werden Obst, Gemüse, Gewürze etc. verkauft. An den Straßenrändern werden Autos repariert. Das ist hier die am häufigsten beobachtetste Beschäftigung. Und die kleinen Läden am Straßenrand sehen irgendwie alle gleich aus. In vielen gibt es auch immer das Gleiche. In vielen Textiliengeschäften mit angrenzenden Schneidereien, werden auch Autoersatzteile verkauft. Ich entschließe mich Leute zu befragen. Einige konnten kein English, andere wussten nicht, was oder wo die Citibank ist. Dann sah ich, direkt neben einem umgekippten LKW, der Zwiebeln geladen hatte, einen Polizisten mit Motorrad stehen. Ich beschloss, diesen Typ zu fragen. Er sagte er wüsste nicht, wo die Bank sei, aber er weiß wo der Airtel-Shop ist. Ich solle gleich auf sein Motorrad hinten aufsteigen. Also gesagt getan. In flottem Tempo fuhr der nette Polizist, mich, meine Tasche und meine Füße zu dem Shop. Die Füße erwähne ich besonders, da ich nur FlipFlops anhatte und mich während der Fahrt an dem blöden Auspuff verbrannt habe. Auf jeden Fall fuhren wir einige Meter weit. Das hätte ich niemals gefunden. Immer wieder um neue Kurven, die annähern gleich aussahen. Ich versuchte mir, den Weg zu merken. Der Typ setzte mich vor dem Airtel-Shop ab. Gut nun wusste ich wenigstens, wo dieser ist. Aber bevor ich einkaufen gehen kann, brauche ich Geld. Da ich wusste, dass die Bank in der Nähe sein musste, machte ich mich auf die Suche und wurde fündig. Nun schnell zurück, um das Handy zu kaufen. Dieses wurde mir aber verwehrt, da ich dazu eine Kopie meines Visums und ein Passfoto brauche. Das wusste ich ja nicht. Neben an gab es allerdings einen kleinen Lebensmittelshop, wo ich einige Kekse und Getränke kaufen konnte.

Am Nachmittag hatte ich dann einen Termin beim Wirtschaftsdezernent der deutschen Botschaft, weil ich mit ihm einige Aspekte der deutsch-indischen Wirtschaft diskutieren wollte. Auf dem Stadtplan sieht es so aus, als wäre die Botschaft nur einige Blocks entfernt. Aber erstens ist die Stadt so groß, dass das schon einige Kilometer sind, andererseits leben hier 18 Mio. Menschen und aufgrund katastrophaler Infrastruktur dauert das eben. Genauer gesagt eine Stunde. U Bahn gibt es in Delhi bisher nur wenige Stationen, Buse gelten als unsicher und viel zu überfüllt und so kommt es, dass man Rickshaw fährt. Diese kleinen grün-gelben, motorisierten Fahrräder mir Dach sind hier das Verkehrsmittel Nr. 1. Ich hatte mich zuvor informiert, die Fahrt müsste so max. 50 Rupien kosten. Ich habe mir dann eins angehalten am Straßenrand und die Adresse genannt. Nach einer Diskussion über den Fahrpreis, als Europäer wird man hier schnell versucht abgezockt zu werden, stieg ich ein. Eine Stunde Fahrt! Über Stock und Stein, zwischen Autos und LKW, manchmal hat man auch direkt eine Kuh neben sich stehen. Doch das anstrengendste ist der Lärm. Inder hupen immer und überall, auch wenn es keinen Grund gibt. Wenn sie an eine Ampel fahren, die Spur wechseln (und das tuen sie wegen den breiten Fahrradtransporten, den Tieren oder wegen liegengeblieben Autos ständig), oder einfach nur noch aus Gewohnheit. Auf fast allen Verkehrsmittel steht hier auch hinten dran: „Horn please“ (Bitte hupen). Das hat folgenden Grund: Inder müssen keine Fahrschule besuchen und können auch nicht mit den Spiegeln fahren. Die meisten Autos haben auch keine Spiegel. Um aber zu wissen, dass ein Fahrzeug hinter einem anderen ist, wird gehupt. Und gehupt. Und gehupt. Es ist ohrenbetäubend.
Nach einer Stunde war ich da, und bin dann erstmal in die kleine spießig wirkende Oase im quirligen Delhi geflüchtet. Da traf ich mich mit einem SICHTlich (eigentlich müsste es aber HÖRlich heißen) aus Bayern kommenden Diplomat getroffen, der mir neuste Zahlen zum bilateralen Handelsaufkommen zur Verfügung stellte. Diese konnte ich gleich am Abend in meine Arbeit einbauen.

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