Sonntag, 30. März 2008

Wochenende

Neben mir wohnen hier derzeit noch 2 weitere Studenten. Ein Franzose, der ein Praktikum in der Botschaft macht und eine Japanerin. Mit den beiden war ich Freitag ja schon im Kino. Jetzt – am Samstag Morgen – bin ich mit dem Franzosen zu einem alten „Einkaufs- und Geschäftszentrum“ gefahren. Eine alte Betonsiedlung mit Büros und Straßenverkauf. Marc wollte da Hosen abholen, die er hat nähen lassen. Man kauft hier Stoffe und lässt dann Hemden, Anzüge oder Hosen nähen. Für uns Europäer ist es aber besser, eine Hose als Vorlage mitzunehmen, denn sonst bekommt man so einen indian-style Sari. Ich bin mitgefahren, weil ich da eine indische Sim-Karte für mein Handy kaufen wollte.
Wir sind mit dem Bus gefahren. Der Bus war bereits überfüllt als er ankam. Die Leute (sagen wir Männer – Frauen habe ich kaum welche in dem Bus gesehen), hingen schon zu den offenen Türen raus. Wir haben uns dazugestellt. Wirklich anhalten tut der Bus nicht. Es ist mehr ein aufspringen. Eigentlich ist hinten auch ein Kassierer, bei dem man den Fahrpreis zahlt, aber zu dem sind wir gar nicht vorgekommen - (der aber auch nicht zu uns). Auf einmal wird der Bus langsamer, dann springen Leute ab. Der Bus schafft es nicht, über die Überführung zu fahren, die in den letzten Jahren gebaut wurde. Es ist für Anstiege und so viele Menschen zu schwach. Als sich der Bus dann knapp über den höchsten Punkt gequält hat, springen die Männer wieder auf.
Während Marc zum Schneider ging, bin ich in den Airtel-Laden. Da wurde mir klar gemacht, dass seit den Terroranschlägen in Delhi und Mumbai im letzten Jahr „Verträge“ (also auch Pre-Paid-Karten) nur noch mit Passkopie und Passfoto abgeschlossen werden können. Pass hatte ich ja dabei und Bilder konnte ich in einem anderen Shop für umgerechnet 2 Euro machen lassen. Mit den grauenhaft schlecht ausgedruckten Passbildern bin ich wieder in den Shop. Der Mann hat den Antrag ausgefüllt und mein Bild festgetackert. Genau über dem Gesicht. Fein! Dann fiel ihm ein, dass ich eine Bescheinigung brauche, die besagt, dass ich hier auch wohne. Da ich aber weder Mitvertrag noch Hotelrechnung vorweisen konnte, musste ich erstmal wieder gehen. Ich bin dann (fast eine Stunde mit der Rickshaw) zu Connaught Circle gefahren. Das ist ein großer Kreisverkehr in der Mitte der Stadt. Das eigentliche Zentrum. Hier gibt es Büros von internationalen Unternehmen (auch Lufthansa Passage sitzt hier) und viele Geschäfte sowie kleine Verkaufsbuden. Hier habe ich mich umgesehen und bin durch die Buden gebummelt (in jeder roch es nach Räucherstäbchen). Kaufen kann man hier vor allem Obst, Gemüse, Gewürze, indische Kunst oder Klamotten. Unter dem eigentlichen Platz gibt es unterirdisch ein Einkaufszentrum. Das ist aber irgendwie komisch: Alles ganz ganz dreckig und eng, jeder Händler will das du bei ihm kaufst, 100 Leute um dich herum. Dabei ist das sehr weitläufig und wie ein Labyrinth. Das wirkt vielleicht auch so, weil sich die Läden regelmäßig wiederholen. Entweder DVDs, indische Kleidung, Gürtel, Obst etc. Man muss sich das wie einen unterirdischen Tschechenmarkt vorstellen. Ich bin dann nach einer Weile, als mir ein Mann zu sehr auf die Pelle rückte, dass ich so einen häßl… Frack (ich meine einen nicht meinem Geschmack entsprechenden knielangen Umhang in Rot mit Perlen) kaufen sollte.
Ich bin dann von da lieber mit der Rickshaw ein einem großen Hindu-Tempel weitergefahren. Schon von weiten aufgrund seiner roten Türme zu erkennen. Dort angekommen, musste man die Schuhe ausziehen. Das ist in allen Hindu-Tempel so. Da sich die herrlichen Marmorplatten aber in der Sonne unglaublich aufgeheizt haben, war das auch gar nicht so einfach bis ins innere des Tempels zu gelangen. Innen (man durfte leider keine Bilder machen) war alles noch viel farbiger als Außen. Überall standen Statuen der Gottheiten, die für uns alle ähnlich sehen, aber jeder Gott seinen Zuständigkeitsbereich hat.


Von hier aus bin ich dann weitergefahren zum Gate of India – dem Wahrzeichen Delhis. Ich will nichts sagen, es ist so was wie das Brandenburger Tor von Delhi. Eher hat es Gemeinsamkeiten mit dem Triumphbogen in Paris. Das Gate wurde zur Ehrung der im ersten Weltkrieg gefallenen Inder errichtet. Da ich leicht erschöpft war, wollte ich mich ein wenig in die angrenzende Grünanlage legen. Aber das war nichts zur Erholung, da ich (sichtlich als weißer Touri zu erkennen) sofort alle Bettler und Verkäufer anzog.

Am Abend war in der französischen Botschaft ein Vortrag (Thema weiß ich leider nicht). Aber Marc meinte, die Japanerin und ich sollten zu After-Show-Party kommen. Gut! Gesagt getan. Selbst am Samstag Abend ist immer noch Dauerstau der Stadt. Der Grund warum auch nachts so viel los ist, ist der Folgende: LKW dürfen wegen des hohen Verkehrsaufkommens in die Stadt erst ab 22 Uhr hineinfahren. Und das tun sie eben dann auch und verstopfen die schlechten Straßen. Das Lebensmittel auch am Tag ankommen, müssen diese vor den Stadttoren auf kleinere LKW umgeladen werden. Und so dauerte die Fahrt zur Botschaft fast eine Stunde. Da habe ich dann einen jetzt in Delhi lebenden Wissenschaftler aus Johannesburg kennengelernt (der im übrigen Bloemfontein als die hässlichste Stadt der Welt bezeichnet hat!). War ein sehr netter Abend. Nicht zuletzt wegen des Rotwein und des Käses.

Am Sonntag habe ich zunächst an meiner Arbeit geschrieben und bin danach zu einer weiteren Weltkulturerbestätte in Delhi gefahren. Humayuns´s Tomb ist ein riesiges Mausoleum mit dutzenden anderen kleinen Tempeln und Grablegen ringsum. Dieses Mausoleum war übrigens das Vorbild für den Bau des Taj Mahal.





Später bin ich weitergefahren zu einer vor wenigen Monaten eröffneten Shopping-Mall. Dieses Einkaufszentrum zeugt vom vielgepriesenen Aufschwung Indiens. Es unterscheidet sich nicht von Konsumtempeln in Deutschland oder den USA und wartet mit Läden wie Calvin Klein, Benetton, FCUK, Lacoste, Levi´s etc. auf. Wer hier rein will wird sicherheitsüberprüft, jeder Laden hat eigene Sicherheitswächter.

Aber direkt neben der neuen Mall das gleiche alte Bild mit Bettlern, Rickshaws, Kühen und Verkehrschaos.

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