Freitag, 28. März 2008

Welcome to India


Wie jeden Tag ging es heute raus zum Flughafen. Diesmal aber nicht zur Zentrale der Lufthansa Cargo am Tor 25. Heute nur bis zum International Terminal. Da habe ich dann erstmal mit meiner Kreditkarte mein elektronisches Ticket am Automat gezogen. Schon 2 Stunden vor Abflug waren überall rote Punkte zu sehen, d.h. der Flieger wird garantiert voll. Ich habe dann nach den wenigen grünen Flecken gesucht, wollte ich doch gern einen freien Gangplatz finden, dass ich meine Füße in den Gang hängen kann. In der vorletzten Reihe, ganz im Rumpf des Fliegers wurde ich fündig. Danach ging es mit dem Ticket und dem Reisepass zum Check-In. Da hatte ich ein paar Bedenken, waren doch 20kg erlaubt und meine Tasche fühlte ich sehr schwer an. Leider hatte ich diesmal keine Waage um das Gewicht zuvor einmal zu testen. Mein Koffer ist so schwer gewesen, weil mich die deutschen Gastgeber, bei denen ich hier untergekommen bin, baten einige Flaschen Rotwein, Käse, Salami und Gummibärchen mitzubringen. Dann stellte ich den Koffer auf das Band und es zeigt 19,7 kg an. Na super. Danach langsam durch alle Pass- und Sicherheitskontrollen! Diesmal musste ich nicht die Schuhe ausziehen, aber mein gesamtes Handgepäck auspacken. Wahrscheinlich sahen die vielen Akkus, Kabel und Aufladegeräte für Laptop, Handy und Fotoapperat zu sehr nach Bombenbausatz aus. Dann heißt es warten. Ich tue dies bei einem Milchshake bei McDonalds mit Blick auf das Vorfeld. Dann kommt auch die Maschine angerollt, die uns alle nach Delhi bringen soll. Flug LH 760. Es ist eine Boeing 747-400 mit dem Namen Saarland. Nach einer weiteren Stunde warten, heißt es: Alles einsteigen. Da ich ganz hinten sitze, darf ich auch zuerst rein.
Wenig später rollt der Jumbo zur Startbahn West und startet fast pünktlich um 13.45 Uhr.
Über Darmstadt, Franken, die Tschechei nach Osteuropa geht es über das Schwarze Meer, den Kaukasus, das Kaspische Meer über Afghanistan hinweg nach Indien hinein. Auf dem Flug selbst, habe ich mir die Zeit mit dem Anschauen sinnloser Hollywood-Komöden vertrieben. Hin und wieder gab es was zu essen oder zu trinken. Dies erklärte mein Sitznachbar und seine Frau zu ihrem Lieblingshobby. Während man bei anderen Airlines alkoholische Getränke separat zahlen muss, ist dies bei der Lufthansa frei. Und so becherten die einen Bailey´s, Gin Tonic, oder Wodka-Orange nach dem anderen in sich hinein. Dazu bestellt die Frau immer noch ein Wasser, der Herr einen Tomatensaft. Es gibt schon dutzende Studien darüber, aber keine liefert eine Antwort, warum Deutsche nur selten Tomatensaft kaufen, dieses eklige, dickflüssige Etwas aber auf Flügen permanent und überdurchschnittlich schlürfen. Ich weiß es auch nicht, auf jeden Fall war der Herr wieder nicht der Einzige, der permanent diesen Saft bestellte. Nach 6 h und 40 min Flugzeit wurden nun die Uhren um 4:30 h vorgestellt. So das es jetzt 1:25 Uhr in Delhi Ortszeit ist. Nun heißt es: Alles aussteigen. Aber so schnell geht das nicht. Da ich nun ganz hinten sitze, dürfen erst alle anderen! Und bis die knapp 400 Leute sich durch die schmalen Gänge gezwängt haben, und zuvor noch ihr Gepäck suchen, dauert das eben.
Dann geht es über die Gangway ins Terminal. Zuvor hatte ich schonmal „theoretisch“ über die Probleme der Infrastruktur an indischen Flughäfen in einem Kapitel meiner Diplomarbeit geschrieben, nun konnte ich mir selbst ein Bild machen. Es wird gebaut, keine Frage, aber es ist alles andere als ein Airport, der dem hohen Passagierankommen gerecht wird.
Ich bin nun auch inzwischen an der Zollabfertigung angekommen und stelle mich ganz hinten an. Eine kleine Schlange gibt es bei indischen Staatsbürgern. Eine Monsterschlange bei den internationalen Gästen. Das ich, aufgrund der Tatsache, dass ich als letzter Ausstieg, anstehen muss war mir klar. Was ich nicht wusste: Kurz zuvor landet zu dieser unchristlichen Zeit eine Maschine der Air France aus Paris. Diese Passagiere stehen da an den viel zu wenigen Schaltern natürlich auch alle an. Bis Visum und andere Dokumente bei allen überprüft sind, kann das eben eine Weile dauern. Inzwischen schaue ich mir die riesigen Plakatwände genauer an: „Indira Gandhi International – Ein Weltklasse Flughafen erwartet Sie!“. Aha. Viel kleiner steht darunter: „Bis dahin bitten wir um Verständnis“. Spätestens bis 2010 zu den Commonwealth Games soll alles fertig sein. Ich bin gespannt.
Nach dem ich nun durch die Visastelle bin, kann ich auch meinen Koffer holen und durch die Zollstelle gehen. In der Hoffnung nicht kontrolliert zu werden, gesellte ich mich zu einer größeren Reisegruppe, gab den Zettel, wo draufstand, dass ich keine pflanzlichen und tierischen Produkte einführe ab, und schob die Tasche mit Salami, Käse und Co. nach draußen. Hier kommt der Kulturschock: Alte Autos, wirres Choas, Hupkozerte und überhaupt. Ich hatte mich zuvor informiert, ich solle ein Pre-Paid-Taxi für 270 Rupien (die ich bereits in Frankfurt getauscht habe) nehmen und damit zum Quartier fahren. Als ich dann eine kleine, heruntergekommene Bude, die als Taxistand gekenzeichnet war, fand, stellte ich mich an. Da kam einer und fragte, ob ich ein Taxi bräuchte. Ich dachte, manchmal sind so private Anbieter ja günstiger. Ich zeigte ihm den Zettel mit der Adresse wo ich hinwollte, er entriss ihn sofort und rannte davon. Sichtlich wusste er nicht, wo die aufgeschriebene Adresse ist. In sekundenschnelle standen 5 Männer um nicht herum und jeder wollte mich fahren. Ich fragte was das kostet: 1150 Rupien. Ich war frustriert und habe mich wieder an dem alten Taxistand angestellt. Die haben dann die Adresse aufgenommen, mir einen Zettel mit einer Wagennummer gegeben und dann sollte ich bezahlen. Pre-Paid-Taxi eben. Dann ging das (geordnete) Chaos weiter. Einige Männer wollten wissen, welche Nummer ich habe. Dann kam ein altes Auto aus den vielen kleinen schwarzen Taxen mit den lustigen gelben Dächern vorgefahren. Darin saß ein Mann und (ich meine) sein Sohn (geschätzte 12 Jahre). Dann ging die Fahrt los. In dem Taxi, dass seit dem Abzug der Briten aus der alten Kolonie keine Erneuerung mehr sah, fuhren wir über Straßen in grauenhaftem Zustand. Immerhin aber zunächst zweispurig. Ist ja auch ein National Highway und als Hauptverbindung zum Flughafen der Hauptstadt nicht unwichtig.
Nach etwa 10 Minuten fahrt fährt der Typ links ran (ja auch hier gibt es - zumindest offiziell - Linksverkehr). In einer Gegend, ähnlich einer Bürgerkriegsregion, konnte doch unmöglich das Ziel sein. Doch der Sohn stieg nur aus und überprüfte, ob beide Vorderräder noch fest sind. Während ich zum Fenster herausschaute, sah ich eine Kuh am Straßenrand liegen. Mehr war nicht zusehen. Alles stockfinster – hatte doch nicht mal dieses Taxi Licht an. Nach weiteren 10 Minuten Fahrt hält der Mann wieder an. Er müsse Fragen, wo der Ort sei, wo ich hinwollte. Dann ging er zu einem Polizist, der am Straßenrand stand, ein Lagerfeuer hütete und wohl einfach nur Präsenz zeigen sollte. Als der Mann zurückkam, sprang das Auto nicht mehr an. Mehrere Versuche, aber ohne Erfolg. Dann zogen sich Vater und Sohn zur Betrachtung des Schadens zur Kühlerhaube zurück. Nachdem alles anschieben und durchtreten nichts nützte, habe ich mich erlaubt zu fragen, wie das hier weitergeht oder ob er mir sagen könnte, wo wir sind. Da kam als Antwort: "Car problem, English problem." Gut! Um die Sache abzukürzen: Ich habe dann das deutsche Ehepaar, bei den ich die Tage unterkomme, angerufen, der Taxifahrer hat die Straße dem Mann genannt und dieser hat mich dann von da abgeholt. Wir waren nur noch 2 Minuten Fahrtzeit von dem Quartier entfernt. Hier wurde ich dann sehr herzlich aufgenommen.

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