Sonntag, 25. März 2007

Township

Nathalie, Austauschstudentin aus Belgien, macht in Suedafrika ein Praktikum. Sie geht 2 Tage die Woche an die CUT studieren und 3 Tage arbeitet sie. Was genau sie da macht, war mir gar nicht so bekannt, ich wusste nur, dass sie in den Townships arbeitet. Sie frage mich, ob ich nicht einen Tag mit auf ihre Arbeit kommen wöllte, um zu sehen, was genau sie tut. Maren und Christian wollten auch mit kommen. Um 8 Uhr am Donnerstag Morgen, wurden wir dann von Nathalies Chefin abgeholt. Wir fuhren in das Büro des St. Niclas Organisation. Diese NGO ist ein Hospiz für unheilbare Kranke Kinder. Sie unterhalten einige Kindertagesstätten in den Townships aber auch stationäre Hospize.

Zuerst haben wir das Sunflowerhouse in Bloemfontein besucht. Ein Haus, in dem kleine Kinder, die meisten von ihnen haben AIDS, versorgt werden. Äußerlich ist das den wenigsten anzusehen. Die Kleinen sind so aufgeweckt und freuen sich, über Besuch. Es ist echt nur schwer vorstellbar, dass die kleinen so schwer krank sind, wenn sie einen mit ihren großen schwarzen Augen ansehen.
Danach sind wir in die Townships gefahren. Endlos lange Straßen (oder besser gesagt Schotterwege) in riesigen illegalen Siedlungen. Die Menschen hier sind schwarz, haben meistens keine Arbeit, verbringen den ganzen Tag in der Siedlung und trinken viel zu viel. In diesem Gebiet unterhält auch St. Niclas eine Kindertagesstätte, wo Kinder mit unheilbaren Krankheiten oder Waise tagsüber versorgt werden. 3 Kinder haben für uns ganz niedlich gesungen und getanzt. Besonders bewegend war ein Lied mit dem Text: „I will pray before I die“. Danach hatte die Chefin von St. Nicolas einen Termin bei einer Familie in den Townships, wo wir mitgehen konnten. Wir gingen zu einer Familie, die St. Niclas unterstützt. Oma, Mutter und alle Töchter nähen Beutel für Wäscheklammern die dann für umgerechnet 3 Euro verkauft werden.
Mittags waren wir dann in einem weiteren Kindergarten. Da haben wir reichlich 2 Stunden bei den Kindern verbracht. Der Kindergarten, in einem Township 50 km östlich von Bloemfontein, bietet 54 Kindern ein zu Hause. Wir haben hier Mehl, Reis, Kartoffel und andere Grundnahrungsmittel für die nächsten Tage abgegeben. Hier hat man schon deutlicher gesehen, dass es manchen Kleinen, die meisten zwischen 2 und 6, schon recht schlecht geht. Trotzdem haben sie fröhlich mitgesungen und getanzt. Der Kindergarten hat keine Spielsachen. Nur einen großen Raum mit einer Tafel und etwas Kreide, Stifte und Papier, eine kleine Küche und eine Wiese vor dem Haus. Die Betreuerinnen singen und spielen also viel mit den Kindern, lesen vor und unterrichten sie ein wenig.
Dadurch dass sehr viel durch Musik und Tanz vermittelt wird, wirkt es sehr heiter. Danach sind wir zurück nach Bloemfontein gefahren, um zu einer NGO zu fahren, die mit St. Niclas eng zusammen arbeitet. Diese Organisation kümmert sich im AIDS Kranke Erwachsene. Wir besuchten da eine stationäre Hopsizstation. Schwester Sophie, eine füllige Frau Mitte 40, die ich mir gut im nächsten Sister Act Film vorstellen kann, erzählte uns von ihrer Arbeit. Die erzählte von den 4 Stationen der HIV – Erkrankung und wie schwer wiegend das Problem in Südafrika ist. Knapp 30 Prozent der Bevölkerung ist infiziert. Die meisten von ihnen sind schwarz, aber die zahl der erkrankten weißen wächst. Nach Ihren Schilderungen bei Kaffee und Kuchen in einem Krankenhauszimmer mit schrecklichem Geruch, war es Maren so schlecht, dass sie nach Hause gefahren ist. Die Eindrücke mit all den Kindern und nun im Hospiz waren ihr zu viel. Nathalie, Christian und ich wurden dann noch durch das Haus geführt. Es war wirklich erschreckend. Einige Menschen im 4. Stadium mit Ausschlägen und wirklich nur noch Haut und Knochen werden nur noch einige Tage zu leben haben. Doch wir hatten kaum Zeit, uns von diesem Eindruck zu erholen, denn der Verein betreut auch Kranke zu Hause. Und so sind wir wieder in die Townships gefahren um 2 Patienten zu besuchen. Da habe ich das erste mal so eine Hütte von innen gesehen: Die Hütte ist nur aus Wellblech zusammengebaut. Steine verhindern, dass das Dach wegfliegt. Wasser und Strom gibt es nicht. Wasser muss an zentralen Stellen geholt werden. Eine Toilette gibt es auch nicht. Neben der Hütte, die max. 25 Quadratmeter groß ist und in der eine Großfamilie lebt, steht meist eine kleine Bude aus Holz und Folie. Diese Bude dient als Toilette. Ein Abwassersystem gibt es nicht. Es muss eben in der Hitze verdunsten. Die Patienten werden von dem Verein mit Salben und schmerzstillenden Medikamenten versorgt. Oftmals sind ganze Familien infiziert.
Schwester Sophie meinte, dass jeder, der nicht in einer solchen Hütte hausen muss, wirklich privilegiert ist. Sie meint auch, dass die Menschen in den Townships oftmals nicht einmal die Grundnahrungsmittel oder Kleidung haben. Dass ist auch der Grund warum die Kriminalität in Südafrika so hoch ist, denn die Menschen, die eigentlich nichts zu verlieren haben, besorgen sich dann eben ihre Sachen auf illegalem Wege.

Auch wenn dieser Tag wirklich schockierend war, so bin ich doch froh, dass ich mit gegangen bin. Denn ich denke, man kann Afrika nur verstehen, wenn man neben all dem Schönen auch diese Seite sieht. Und allein kann man als Weißer auf keinen Fall in die Townships gehen, wenn man lebend wieder zurückkommen will.

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